„Sphäre 12/16“ – Kurzbeschreibung

Material, Aufbau, Anwendung

Ein futuristischer Eisenkäfig, vielleicht ein Relikt der Sowjetzeit, vielleicht eine Stahl gewordene Vorstellung und Vorwegnahme der Zukunft, samt der ihr einbeschriebenen Archaisierung, harrt seiner Bedienung; still wie eine Skulptur wartet er darauf, seine Funktionen zu offenbaren, die nur nach innen hin, zur Idee hin, dienlich sind, nicht aber in der Welt Anwendung finden.

Bei „Sphäre 12/16“ handelt es sich um ein hohles doppelwandiges Kugelobjekt mit einem Außendurchmesser von 1,80m. In dem Raum zwischen Außen- und Innenschale finden 48 Tongenerator-Platinen und 48 Lautsprecher Platz, sowie einige andere Komponenten, die diverse mechanische Funktionen des Objekts gewährleisten. Bei Berührung der an der Innenseite der Innenschale angebrachten Kontaktflächen werden die Tongeneratoren ausgelöst; das Objekt wird also hauptsächlich von innen bedient. Die Kugel selbst ist aus 8mm dickem Baustahl geschweißt, wobei knapp 1000 einzeln zugesägte Metallstäbe verarbeitet wurden. Sie besteht aus zwei getrennt hergestellten Halbkugel-Doppelschalen, die für die Benutzung oder Ausstellung des Objekts zusammengefügt sind und für den Transport voneinander getrennt werden können. Mittels einer integrierten Hydraulikpumpvorrichtung wird die obere Hemisphäre für den Ein- und Ausstieg geöffnet und geschlossen. Das Objekt kann sowohl in statischer Position als auch im Rollen bedient werden. Im ersten Fall ist es eher als Musikinstrument einsetzbar, im zweiten als performatives Objekt. Ich selbst bin weder Musiker noch Performance-Künstler; im Hinblick auf „Sphäre 12/16“ bin ich in erster Linie der Gedankenstifter und der Erbauer, der sich Materialanforderungen und Herstellungsprozessen unterwarf.

Mechanik

Als Vorbild für die Kugel dienten Polygonkonstruktionen, wie sie insbesondere aus dem 3D-Modelling bekannt sind. Eine Kugel kann als ein Objekt im dreidimensionalen Raum definiert werden, das aus unendlich vielen Kreisen zusammengesetzt ist, die alle denselben Mittelpunkt besitzen und in allen möglichen Rotationen angeordnet sind. Ein Kreis kann als eine Form im zweidimensionalen Raum definiert werden, die aus unendlich vielen Ecken besteht, die zu einem Mittelpunkt alle denselben Abstand haben. Die Unendlichkeit ist mathematisch aber nicht darstellbar. Entsprechend beruht die Kreisform auf einem irrationalen Zahlensystem, was beispielsweise dazu führt, dass sie auf einer orthogonalen Punktmatrix (wie sie in Bildschirmen verwendet wird) niemals tatsächlich dargestellt werden kann. Die Simulation der Darstellung von Kreisformen und Kugeln im virtuellen Raum, insbesondere beim Modelling für Animationen, beruht auf geometrischen Iterations-Algorithmen, die – einfach ausgedrückt – möglichst viele (und damit möglichst kurze) gleich lange lineare Segmente zu Vielecken (Polygonen) zusammenfügen, deren Eckpunkte alle denselben Abstand zum Mittelpunkt haben, wobei aber die ideale Form, das „Unendlich-Eck“ niemals erreicht werden kann.

In „Sphäre 12/16“ wurden zur Herstellung der Kreisformen keine gebogenen Eisenstäbe verarbeitet. Indem stattdessen alle Kreise aus mehreren geradlinigen Elementen zusammengesetzt sind, zitiert das Objekt strukturell das Prinzip des 3D-Modellings. „Sphäre 12/16“ besteht aus insgesamt 960 geradlinigen Einzelstäben.

Elektronik

Die Rechteckschwingung, die von den 555-Timern generiert wird, zeichnet sich gegenüber der Sinusschwingung durch eine härtere Klangcharakteristik aus. Da die beiden Halbquadrate in der Schwingungsform, die vom 555-IC generiert wird, genau gleich breit sind, wird ein Klangspektrum erzeugt, in dem nur ungradzahlige Obertöne enthalten sind. So kommt ein seltsam hohler Klang zustande, ähnlich einer Klarinette. Rechteckschwingungen sind vor allem aus den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren bekannt, als in Autorenn- oder Flugsimulatoren am Computer die Motorengeräusche durch Rechteckschwingungen simuliert wurden. Die Rechteckschwingung ist ein elementares Element der Digitaltechnik, da sie nur die Zustände „an“ und „aus“ kennt. Jede Umsetzung einer Rechteckschwingung in einen „Realraum“ bringt allerdings ohnehin eine Flankenglättung mit sich, zum Beispiel verursacht die Trägheit der Membran des Lautsprechers bereits eine Abrundung der Schwingung und bringt sie somit der Sinusform näher. Hieran äußert sich die Einflussnahme des Profanen auf den Idealraum. Da er reine Gedanke so undarstellbar ist wie das Göttliche selbst, bedarf es zur Ausformulierung für den Außenstehenden eines Kompromisses, der aber nicht als Störung eintritt, sondern als eine natürliche Gesetzmäßigkeit ihre Rechtfertigung findet.